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Wasserstellenmärchen 

Es war nach einer langen Trockenzeit in Afrika, als nichts mehr wuchs. Nichts als dürres Gras. Dazwischen lag überall Staub, nichts als Staub. Die Tiere litten Durst. Dann zogen plötzlich ein paar Regenwolken auf, und es regnete in die ausgetrockneten Wasserlöcher. Doch in der heißen Sonne Afrikas dörrten sie wieder aus. Bis auf ein einziges, das etwas tiefer war.

„Das gehört mir!“ sagte der Elefant und jagte alle andern Tiere fort, die da trinken wollten. Dann füllte er seinen Bauch mit dem kühlen Nass, der Dicke, Schwere, Graue.

 Als er genug getrunken hatte, merkte der Elefant: Er hatte auch Hunger. Er musste auf Futtersuche gehen. Doch wollte er sein Wasserloch unter keinen Umständen alleine lassen. Da rief er die Schildkröte zu sich heran und sprach: „Bleib’ du bei meinem Wasser und pass‘ auf! Niemand darf hier trinken!“

 Anschließend setzte er Bein vor Bein, der Dicke, Schwere, Graue, und ging auf seine Futtersuche. Die Schildkröte aber kroch ans Wasserloch heran und passte auf, dass nur ja kein andres Tier kam, um zu trinken. Doch dann kam schon Eines. Nämlich das mit dem längsten Hals, bis fast in den Himmel hinein...?!?

 Genau. Die Giraffe.

 Und die sprach nun von hoch droben auf die Schildkröte hinab: „Bitte, gib mir Wasser!“ – „Das Wasser gehört dem Elefanten!“ sagte die Schildkröte. Da trank die Giraffe nicht.

Als nächstes kam das Tier mit den schwarz-weißen Streifen...?!?  Richtig. Das Zebra. 

Das sagte auch: „Bitte, gib mir Wasser!“ – „Das Wasser gehört dem Elefanten!“ – Da trank auch das Zebra nicht. 

Es kam – jetzt wird’s schwierig – der Vogel mit den langen Beinen, der so schnell laufen kann...?!? 

Der Vogel Strauß. „Bitte, gib mir Wasser!“ – „Das Wasser gehört dem Elefanten!“ – Da trank auch der Strauß nicht. Kein noch so kleines Schlückchen. Nichts.

 Und so ging‘s fort. Den ganzen Tag. Alle kamen. Keines trank.

 Glutrot versank die Sonne hinterm Grasland. Da kam als letztes Tier der Savannenhase daher gehoppelt. Doch der war nicht allein sondern brachte seine kleinen Hasenkinder mit. Die waren schon ganz matt und taumelig vor Durst. Schon halb verdurstet waren die. 

Die Schildkröte wollte wie immer sagen... „Das Wasser gehört... gehört nämlich Allen, die Durst haben!“ vollendete sie unerwartet ihren Satz. Da hoppelten die Hasenkinder ans Wasserloch heran und schlürften das frische Nass in ihre kleinen pelzigen Hasenbäuchlein hinein.

 Ihr könnt euch vorstellen, wie’s den großen Tieren erging, da hinten in ihren dürren Grasverstecken. Die sahen gar nicht ein, dass die Hasenkinder trinken durften und sie nicht. Also kamen sie alle noch einmal herbei gerannt und... schlürften das frische Nass in ihre großen Tierbäuche hinein. Der Wasserspiegel aber sank. Die Schildkröte sah zwar, wie er sank, doch sie sagte nichts. Sie ließ es geschehen. 

In ihrem kleinen Schildkrötenkopf machte sie sich allerdings große Sorgen, was passieren würde, wenn der Elefant nach Hause kam. Und eines Morgens stand er dann auch wieder da, der Dicke, Schwere, Graue.

„Schildkröte! Wo ist mein Wasser?“   „Die Tiere haben das Wasser ausgetrunken...“ 

„Schildkröte! Soll ich dich dafür zur Strafe zerbeißen – oder lieber ganz hinunter schlucken?“

„Bitte, schluck‘ mich ganz hinunter!“ 

Da sie es selbst so ausgewählt hatte, senkte er seinen Rüssel zum Boden hinab... und hatte sie schon... und schwang sie in die Lüfte... Bald sah sie vorn den roten Schlund des Elefantenmauls. Doch ehe der Elefant die Schildkröte in sich hinein stopfen konnte, im allerletzten Augenblick... waren ihr die anderen Tiere zur Hilfe geeilt. All Jene, die sie zuvor hatte trinken lassen. Ganz vorne die Giraffe. An deren Hals der Affe. Der streckte seinen langen haarigen Arm nach der Schildkröte aus, nahm sie dem Elefanten wieder weg und setzte sie hinab ins Gras.

Dann schoben sie den Dicken mit vereinter Kraft nach hinten und teilten den Rest des Wassers untereinander auf. Seitdem gibt‘s in Afrika eine kurze Wechselrede. Ich frage, ihr antwortet: 

„Wem gehört das Wasser?“       

„Allen.“

 „Wem gehört die Atemluft?“

„Allen.“

„Wem gehören die Früchte der Erde?“

„Allen.“

„Und nicht nur einem allein.“

 

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